Alleine unter Männern
„Alleine unter Männern“
Was wollt Ihr bei einer solchen Überschrift hören bzw. lesen?
Das es schön war, dass wir von 8-18 Uhr stahlblauen Himmel mit Sonne satt hatten, dass wir es uns so richtig haben gut gehen lassen? Abends hervorragend gegessen, leckeren trockenen Wein und süffiges Bier vom Faß genossen haben? Uns nicht gegen Gambas in Knoblauch gewehrt haben? Das wir uns an Bord sehr gut verstanden haben, als reines Männerschiff hin und wieder auch mal unter Deck aufgeräumt haben? Das wir mit Entscheidungen diplomatisch umgegangen sind? Uns bei diversen Landgängen nicht geprügelt haben? Wolltet Ihr das hören? Dann ist der Blog für Euch hier zu Ende!
Im Ernst, es war einfach nur schön.
Am Mittwoch, den 29.02.2012 holt mich mein Wecker erbarmungslos aus dem viel zu kurzen Schlaf. So ist das, wenn man den Flug um 06:16 Uhr ab DUS gebucht hat. Zum Glück, denke ich beim ersten starken Kaffee aus dem wichtigsten elektronischen Gerät im Haus, bin ich nicht alleine auf der Welt, der jetzt Mutterseelen alleine im Halbdunkel sitzt und versucht bei WDR2 wach zu werden. 1Live wäre mir jetzt viel zu hektisch. Leidensgenossen gibt es genug, wie sich am Flughafen zeigt.
Um 04:00 Uhr treffe ich mich mit Christof und Friedel, zwei anderen Skippern der Wintersegelflottille. Um 05:15 Uhr sitzen wir im Flugsteig –B- und harren der Dinge. Jetzt liegt es nicht mehr in unseren Händen und Air Berlin ist dran und übernimmt ihren Part. Pünktlich geht es mit einem nagelneuen Flieger nach Palma. Wir versuchen ein bisschen Schlaf nachzuholen.
Um 08:08 Uhr setzen wir hart aber fair in Palma auf. 60 Minuten später sind wir bereits am Hafen und können auf dieYachten. Unsere, eine Bavaria 49 mit stolzen 15,4 m Länge hört auf den Namen „Green Island“ und freut sich auf ihren ersten Chartereinsatz des Jahres. Fein herausgeputzt und voller Tatendrang liegt sie da.
Proviant hatten wir online bestellt. Was für eine Erleichterung, wenn ich an frühere Zeiten denke, wo die Hälfte der Crew Stunden unterwegs war und im Supermarkt versucht hat Lebensmittel und Flüssigkeiten zu organisieren. So kommt der Supermarkt zu uns. Gut so! Dabei erleichtert er unsere Bordkasse, die noch nicht eröffnet 370,-€ Miese aufweist. Stark! Die Kontrolle ergibt, dass uns 100gr. gekochter Schinken unterschlagen wurde. Spätere Kontrollen widerlegen diese Annahme. Alles gut!
Die Crew trudelt ein. Es sind Bernd, Simon, Hans (unser Quotenbayer), Uli, Georg und Björn. Mit mir wie viel? Habt Ihr aufgepasst? Richtig. 7 Männers, die sich auf spannende und kurzweilige Tage freuen.
Nachdem wir uns vom Provianteinräumen erholt haben geht es zu einem nahegelegenem Cafe, wo wir uns erstmal ein erstklassiges Frühstück mit Omelett und sonstigen Köstlichkeiten gönnen. Nach der zweiten Rutsche Kaffee steigen wir auf andere Flüssigkeiten um, denn im Windschatten sitzend besteht die Gefahr zu dehydrieren. Björn bemerkt als erster, dass auch die unmittelbare Gefahr vom Sonnenbrand besteht. So kaufen wir noch eine Gemeinschaftspackung 30+.
Zurück im Hafen treffen nach und nach alle 49 Teilnehmer des Wintersegelns von Sarres-Schockemöhle Yachting (www.sarres.de) ein. Sie werden auf 9 Yachten verteilt.
Um 17 Uhr folgt auf der Pier eine Kennenlernrunde mit „Anlegedrink“ und Imbiss. Lecker! Schnell stellt sich raus, dass es eine lockere und fröhliche Runde ist. Noch ein Grund mehr sich auf die bevorstehenden Tage zu freuen, zumal der Seewetterbericht nur Gutes im Gepäck hat. Sonne, leichte Winde aus SW mit Temperaturen von 18-20 Grad. Stark!
Abends zieht es uns mit zwei anderen Crews zu meinem Lieblingsrestaurant „Cellar Sa Premsa“ (Plaza Obispo Berenguer de Palou 8; 07003 Palma; Tel.: 971723529; www.cellersapremsa.com) oberhalb der Altstadt von Palma. 19:10 Uhr, wird sind zu früh, das „Sa Premsa“ öffnet erst um 19:30 Uhr. Zum Glück ist nebenan ein Glasbiergeschäft, was uns vor dem Verdursten rettet.
Das anschließende Essen ist mal wieder vom Feinsten und typisch mallorquinisch, dazu auch noch günstig. So muss das sein. Was ich unter günstig verstehe? Beispiel: Lammschulter aus dem Ofen mit Beilagen € 8,75 + 7% VAT.
Auf dem Rückweg trennen sich unsere Wege. Die einen zieht es noch in die Cocktailbar „Abaco“ (www.bar-abaco.com), die anderen in unsere Stammkneipe „El Pesquero“ am Hafen. So klingt der Tag nach 22 Stunden des wachseins aus. Für die, die Mathe Leistung hatten ist schnell klar wann wir in die Koje fielen.
Zwei Stunden später wache ich auf und habe einen Disput mit meiner Magensäure. Uli, den ich auf der Suche nach Gegenmittel in der Kombüse treffe geht es genauso. Sodbrennen vom Feinsten.
Eigentlich kein Wunder, wie wir feststellen. Wein, Bier, Olivenoel, Knoblauch, Herbas, Charachillo & Co fordern Ihren Tribut. Am nächsten Morgen beim Frühstück erzählen wir von unserem nächtlichen Tête-à-Tête und Björn öffnet seine Reiseapotheke und spendiert Omep prophylaktisch für den kommenden Abend. Eine Sorge weniger. Stark!
Um 10:30 Uhr heißt es Leinen los. Strahlend blauer Himmel lockt uns auf das weite Meer. Ohne Wind motoren wir die Hälfte der Strecke, dann nutzen wir den leichten Seewind und segeln zum Tagesziel Port Andraitx, wo wir um 15:30 Uhr festmachen.
Wie auf See üblich gibt es nach dem Anlegen einen „Anlegedrink“. Es ist schön, dass wir uns an alte Traditionen erinnern und solche Rituale für die Nachwelt erhalten. Stark! Wir nutzen die Zeit und machen uns auf zum edlen Yachtclub „De Vela“. Am Swimmingpool genießen wir die Sonne.
Um 18 Uhr hieß es an der Pier für alle Teilnehmer Sammeln zum Anlegedrink. Hatte ich schon erwähnt, dass ich diese Tradition gut finde? Im Sonnenuntergang wurden die Erlebnisse des Tages ausgetauscht. Eine tolle Stimmung. Erst als die Sonne verschwand, spürte man, dass es eben immer noch Winter war. Schnell den dicken Fleece an und ab in die Altstadt.
Es zog uns in ein kleines Restaurant in einer Seitenstraße. Typisch italienisch in Spanien war heute mal angesagt. Der Wirt aus Neapel hat lange Jahre in Deutschland gelebt und uns mit lustigen Geschichten zwischen den Gängen nett unterhalten. Tolles Essen, nettes Ambiente, was uns zu einer Empfehlung veranlasst. „La Trattoria“ (Carretera des Port 118, Port de Andratx, Tel.: 971-672674; Mobil 600067609). Grüsse an den Chef Andrea Pacino. Hast Du gut gemacht ! So fand auch dieser Tag einen gelungenen Abschluß.
Next morning. Sunny day again. Wir legen ab und genießen auf See die Sonne. Vom Cap „El Torro“ kommt Wind auf und wir segeln entspannt und gemächlich zum Ziel Real Club Nautico Arenal. Arenal? Jau, ab zu den Ballermännern. Aber keine Angst, erstens ist da im Februar nichts los, zweitens sind wir schon gefühlte 100 Male da gewesen und drittens sind wir älter geworden. Woran wir das merken? Nun, hätten wir uns vor 15 Jahren, als es mit dem Wintersegeln begann über Sonnenschutz 30+ Gedanken gemacht?
Heute kann (fast) keiner mehr die Speisekarte ohne Seehilfe entziffern, die Gespräche ranken sich um Dioptrien und Sodbrennen nach einem netten Abend. Klingt komisch, ist aber so. Leckeres Essen ist der Sex im Alter, heißt es. Ganz so schlimm ist es noch nicht (es spielt aus unserer Crew nur Bernd Golf), aber man glaubt zu verstehen, wo die Reise hingeht.
Noch sorgt das Geräusch von Highheels dazu, dass Gespräche abrupt enden und erst wieder einsetzen, wenn der Schall verhalt ist. Ein, wie ich finde gutes Zeichen, was gerne noch lange anhalten darf.
Nach einem Drink im Yachtclub beschließen wir Taxen zu rufen und fahren ins Restaurant „El Rancho“ in Ca’n Pastilla. Hier haben wir schon viele Siegerehrungen bei Regatten gefeiert. Ein toller Laden, der wie auch das „Sellar Sa Premsa“ urig eingerichtet ist und typisch mallorquinische Speisen bietet. Um einen Eindruck zu vermitteln: Geröstetes Graubrot mit Ajoli, Oliven, Tomaten. Dann folgte eine nicht enden wollende Auftischung von Tapas. Datteln im Speckmantel, Chipirones, Pimentos de Padron, Schinken, Käse, gefüllte Kroketten… Dazu leckeren Vino Tinto e Blanco de la Casa.
Björn! Hast Du noch Omep, frage ich besorgt? Hat er. Alles gut, dann können wir ja die Hauptspeise bestellen. Für mich gab es Steak in einer ganz feinen Pfeffersoße. Stark!
Zurück an Bord gab es noch einen kurzen Absacker, danach war Ruhe im Schiff. Na ja, Ruhe? Auch das gab es früher nicht. Oder vielleicht nur nicht so laut? Ganze Wälder fielen den Sägen zum Opfer. Jetzt weiß ich auch warum Krombacher sich für die Aufforstung stark macht. Muss wohl so sein. Im worldwideweb hab ich mal gelesen, dass Männer schnarchen müssen, da es früher eine Schutzfunktion war, die wilden Tiere vom Nachtlager fern zu halten. Alles für Euch liebe Mädels, alles für Euch.
Samstag, den 03.03.2012
Wind, Wind, Wind. Schon ganz früh morgens beim ersten Toilettengang bemerkt man das Schlagen der Falle in den Masten und das Zischen in den Wanten. Erster Toilettengang? Auch so ein Thema, was es früher nicht gab, bzw. nicht am Frühstückstisch besprochen wurde. „Wie oft warst Du heute Nacht…“ oder „Oh man, heute Nacht musste ich wieder…“ Die Werbung –weniger müssen müssen– schießt mir durch den Kopf. In 20 Jahren würden wir uns vermutlich freuen, wenn wir ohne Probleme müssen müssten.
Um 11 Uhr verlassen wir die Marina und segeln bei einem strammen 4-5er quer durch die Bucht von Palma. Der Wind ist kühl, doch es macht riesen Spaß das Schiff gut gerefft auf die Seite zu legen und unsere Spuren ins blaue Meer zu schreiben.
Bei dem ein oder anderen sieht es eher aus, als wäre unsere „Green Island“ ein Vermessungsschiff. Erklärungen an die entsprechenden Rudergänger, dass die Bucht von Palma bereits gelotet und vermessen ist, bleiben ungehört.
Die Zeit vergeht viel zu schnell. Dabei haben wir noch einiges vor. Also beschließen wir um 15 Uhr in Palma an die Tankstelle zu gehen. 30 Liter Diesel fließen in den Bauch der „Green Island“. Der letzte Anleger ist schnell gefahren und so übergeben wir unser Schiff ohne Schäden.
Bis zur Abfahrt zum Abschlußabend ins Restaurant „Sa Farinera“ (Camino Son Fangos 7; Playa de Palma (Ausfahrt Autopista Palma-Arenal- Salida 10) Tel.: 971-262011, einer alten Mühle in der Nähe vom Flughafen, bleibt noch ein wenig Zeit, die wir auf unterschiedlichste Weise nutzen.
Einige lockt es in die Altstadt zum shoppen, andere nehmen eine Kaltschale auf der Sonnenterrasse der Bar „El Pesquero“. Auch wieder so ein Ding. Shoppen gehen. Hätten wir vor 15 Jahren nicht gemacht. Oder doch? War es nicht zu den Zeiten, wo man noch eine Postkarte an die Lieben geschrieben hat und diese so glücklich aufgenommen wurde, wie heute was weiss ich was.
@ Bernd: Respekt 2 Paar Schuhe habe als Mitbringsel nie geschafft. Bei mir war es dann eher die Postkarte, die heutzutage eine SMS ist. Muss ich noch mal drüber nachdenken.
Der Abschlußabend war so, wie man ihn sich wünscht und vorstellt. Eine nette Atmosphäre, lustige Tischgespräche und ein tolles Essen mit passenden Getränken. Viel zu schnell standen die Taxen zur Abholung bereit und es ging zurück zum Hafen. Nicht ohne unserer Bar „El Pesquero“ (intern: Ab 22:05 Uhr genannt) Tschüß zu sagen verging der Samstag und als es schon 60 Minuten Sonntag war ging es ab in die Kojen. In der Nacht nur einmal Toilettengang. Stark!
Um 9 Uhr zum bestellten Taxi und ab zum Flughafen. Nach dem Check-In haben wir noch schnell bei Mäcces gefrühstückt und ich habe noch mal über das Thema Postkarten, SMS, Mitbringsel nachgedacht und auch was geshoppt! Stark! Allerdings werde ich es nun immer machen müssen. Das ist so wie mit Blumen nach Hause mitbringen. Einmal angefangen, kommt man aus der Nummer nicht mehr raus.
Nahezu pünktlich hoben wir ab und es ging mit einem weinenden Auge zurück nach Hause. Klar freut man sich auch wieder auf Daheim, aber solche schöne, unkomplizierte und kurzweilige Tage sind das Salz in der Suppe und geben wieder Kraft für den Alltag.
Böse Zungen behaupten, wir müssen erst mal zwei Tage in die Sprachschule, bevor wir wieder ans Telefon gehen dürfen. Überzeugt Euch selber, ob da was dran ist und kommt 2013 mit, wenn es wieder heißt: Mallorca wir kommen! Omep, Lesebrille und Sonnencreme gehören dann zur Standardausrüstung!
Dank an meine tolle Crew und alle anderen Teilnehmer. Es war wieder eine tolle Zeit, die ich um nichts auf der Welt missen möchte. Euer Skip! –Ende-